3D-Druck für KMU: Prototypen & Kleinserien

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Lisa Ernst · 22.11.2025 · Technik · 8 min

Vielleicht kennst du das aus deinem Betrieb: Jemand hat eine clevere Idee für eine kleine Vorrichtung, ein neues Gehäuse oder ein Hilfstool für die Montage – alle sind begeistert, man holt eine Offerte ein, und dann verschwindet die Idee monatelang in der Schublade. Werkzeugbau ist zu teuer, Frästeile brauchen Wochen, und intern hat niemand Zeit für „so ein kleines Projekt“.

Damit bist du nicht allein. KMU machen in der Schweiz über 99 % der Unternehmen aus und stellen rund zwei Drittel der Arbeitsplätze – gleichzeitig kämpfen viele Betriebe mit knappen Ressourcen und hohem Termindruck (kmu.admin.ch). Gerade in diesem Umfeld kann 3D-Druck eine Lücke schliessen: Prototypen, Vorrichtungen und Kleinserien werden innert Tagen statt Wochen real, ohne dass du dich sofort auf teure Werkzeuge festlegen musst.

Wir bei 33d.ch arbeiten täglich mit Schweizer KMU, die genau vor dieser Entscheidung stehen: Lohnt sich 3D-Druck für unser Teil wirklich? In diesem Beitrag zeigen wir dir praxisnah, wofür sich 3D-Druck im KMU-Umfeld eignet, wie ein typisches Projekt abläuft und welche Stolpersteine du dir sparen kannst – basierend auf dem, was bei uns im Alltag funktioniert (und was wir unterwegs selbst gelernt haben).

Warum 3D-Druck für KMU so gut passt

3D-Druck ersetzt nicht jede Fräsmaschine und keinen Spritzguss. Aber er spielt seine Stärken genau dort aus, wo KMU sonst oft zwischen Stuhl und Bank landen:

Für genau diese Situationen nutzen wir 3D-Druck als „Brücke“ zwischen Idee und Serienwerkzeug: Teile können getestet, angepasst und in Kleinserien eingesetzt werden, ohne dass du dich frühzeitig festnagelst.

Vergleich: klassischer Weg vs. 3D-Druck

Thema Klassische Fertigung (Fräsen / Spritzguss) 3D-Druck mit Dienstleister
Initiale Kosten Werkzeugkosten, Rüstkosten, Mindestlosgrössen Kein Werkzeug, Kosten pro Teil / Baujob
Lieferzeit Prototyp oft 3–6 Wochen typisch 2–7 Arbeitstage (je nach Verfahren)
Designänderungen Werkzeug anpassen, erneute Kosten und Zeit CAD anpassen, neu drucken – kein neues Werkzeug
Kleinserien lohnt sich erst ab höheren Stückzahlen ideal für 20–500 Stück, danach ggf. Übergang zu Spritzguss

Technologien & Materialien – nur das, was du wissen musst

Im Markt gibt es viele Abkürzungen und Verfahren. Für dich als KMU ist vor allem wichtig: Welches Verfahren passt zu deinem Einsatz und Budget? Wir konzentrieren uns hier auf die Technologien, die wir für Prototypen und Kleinserien am häufigsten empfehlen.

FDM: der „Schweizer Taschenmesser“-Druck

Beim Fused Deposition Modeling (FDM) wird ein Kunststoff-Filament geschmolzen und Schicht für Schicht nach einem CAD-Modell aufgebaut. Die Technologie ist weit verbreitet, gut verstanden und kann mit einer grossen Bandbreite an Materialien arbeiten – von einfachen PLA-Prototypen bis zu technischen Kunststoffen (Protolabs Network; Xometry Pro).

FDM nutzen wir vor allem, wenn

SLA, SLS & MJF: wenn es feiner oder robuster sein soll

SLA (Stereolithografie) arbeitet mit flüssigen Harzen und einem Laser. Vorteil: sehr feine Details und glatte Oberflächen, ideal für Designmuster oder Bauteile mit hohen optischen Anforderungen (Formlabs).

SLS (Selective Laser Sintering) und MJF (Multi Jet Fusion) verarbeiten Kunststoffpulver (typischerweise PA12). Die Teile sind robust, formstabil und eignen sich sehr gut für funktionale Endbauteile und Kleinserien (Formlabs; ABCorp).

Material-Überblick für den KMU-Alltag

In der Praxis reichen für viele Projekte wenige Standardmaterialien. Vereinfach gesagt:

Material Typische Stärke Typische Anwendungen
PLA (FDM) Sehr gut druckbar, formstabil, begrenzte Temperaturbeständigkeit (ca. bis 50–60 °C, je nach Type) (burg-halle.de) Sichtmodelle, Funktionsprototypen im Büro, Montagesimulationen
PETG (FDM) Robuster als PLA, zäher, bessere Temperaturbeständigkeit einfache Vorrichtungen, Halter, Teile im Maschinenumfeld
TPU (FDM) Flexibel, gummiähnlich Dämpfer, Schutzkappen, flexible Einsätze
PA12 (SLS/MJF) Hohe Festigkeit, gute Chemikalienbeständigkeit, geringe Wasseraufnahme – bewährt für funktionale Teile (ABCorp; BCN3D Technologies) Seriennahe Teile, robuste Gehäuse, Vorrichtungen, Clips und Schnapphaken

Wenn du tiefer in das Thema Materialien einsteigen möchtest, lohnt sich auch ein fundiertes Video zur Materialwahl. Ein gutes englischsprachiges Beispiel ist dieses Übersichtsvideo zu PLA, PETG, ABS, TPU & Co.: „When to use PLA, PETG, ABS, TPU, Polycarbonate, Nylon etc.“

Vom digitalen Entwurf zum greifbaren Prototyp: Ein 3D-gedrucktes Bauteil auf dem Bauplan.

Quelle: 3d-druck-berlin.com

Vom CAD-Modell zum ersten Musterteil: Genau hier verkürzt 3D-Druck im KMU-Alltag die Zeitspanne von der Idee bis zum Test am realen Bauteil.

So läuft ein 3D-Druck-Projekt mit einem KMU typischerweise ab

Viele Projekte bei 33d.ch folgen einem ähnlichen Muster. Der grobe Ablauf hilft dir, intern zu klären, was du schon liefern kannst und wo du noch Unterstützung brauchst.

1. Anfrage: Problem statt nur Geometrie beschreiben

Am einfachsten wird es, wenn du uns nicht nur eine STEP- oder STL-Datei schickst, sondern kurz erklärst, was das Teil im Alltag leisten soll:

Anhand dieser Infos entscheiden wir mit dir, ob FDM mit einem robusten Filament reicht oder ob ein industrielles Verfahren wie MJF/SLS mit PA12 sinnvoller ist (ABCorp; BCN3D Technologies).

2. Datencheck & Design-Feinschliff

Im nächsten Schritt prüfen wir die Daten. Typische Punkte, die wir immer wieder sehen:

Ganz ehrlich: Das ist uns am Anfang auch selbst passiert. Erst mit mehreren Projekten lernt man, wo man besser 0.2 mm dazu gibt oder eine Fase einbaut. Diese Lernkurve nehmen wir unseren Kunden inzwischen ab, indem wir aktiv Feedback zur Konstruktion geben.

3. Technologie- und Materialwahl

Gemeinsam legen wir fest, welches Verfahren und welches Material am meisten Sinn macht. Ein typischer Mix aus unserem Alltag:

4. Musterteile & Iterationen

Sind die Eckdaten klar, drucken wir meist zuerst 1–5 Musterteile. Online-Dienstleister wie i.materialise oder Protolabs geben für viele Kunststoffe Produktionszeiten von wenigen Arbeitstagen an (i.materialise.com; Protolabs Network). In unserer Praxis heisst das häufig:

Die realen Zeiten hängen natürlich von Material, Grösse und Auslastung ab – aber statt „wir warten auf das Werkzeug“ hast du im Idealfall nach zwei, drei Wochen ein Teil, das im Alltag funktioniert.

5. Kleinserie & Wiederholaufträge

Wenn das Muster überzeugt, skalieren wir auf die gewünschte Stückzahl. Industrielle Beispiele zeigen, dass 3D-Druck für Kleinserien von Dutzenden bis mehreren Hundert Teilen wirtschaftlich eingesetzt werden kann (BCN3D Technologies; ABCorp).

In der Praxis vereinbaren wir mit vielen KMU fixe Losgrössen (z. B. 50, 100 oder 250 Stück) und definieren, wie schnell nachbestellt werden kann. Die CAD-Daten bleiben digital – wenn sich im Feld zeigt, dass ein Detail noch nicht optimal ist, passt man es an und die nächste Charge kommt bereits mit Update.

Der Weg von der Idee zum fertigen Produkt: Visualisierung des 3D-Druck-Prozesses für KMU.

Quelle: 3d-druck-berlin.com

Vom Problem in der Produktion über den CAD-Entwurf bis zum fertigen Teil in der Kleinserie – 3D-Druck verkürzt diesen Weg deutlich.

Einsatzbeispiele aus der Praxis

Damit das Ganze nicht theoretisch bleibt, hier zwei anonymisierte Beispiele aus unserem Alltag mit Schweizer KMU.

Fallbeispiel 1: Montagevorrichtung für einen Maschinenbauer (Zentralschweiz)

Ein mittelständischer Maschinenbauer kam mit einem Problem zu uns: In der Montage wurden empfindliche Aluminiumprofile jeweils „nach Gefühl“ positioniert. Das führte zu Versatz, Nacharbeit und Diskussionen zwischen Schichtteams.

Solche 3D-gedruckten Vorrichtungen und Hilfswerkzeuge können laut verschiedenen Herstellern die Durchlaufzeiten um 40–90 % und die Kosten um 70–90 % reduzieren – je nach Komplexität und Vergleichsbasis (UltiMaker; Zmorph S.A.; BCN3D Technologies).

Fallbeispiel 2: Kleinserie für ein Sensorgehäuse (Grossraum Zürich)

Ein Technologie-Start-up wollte ein IoT-Sensorgehäuse in mehreren Pilotprojekten testen. Das Design war noch nicht final, Kundenfeedback sollte direkt in die nächste Version einfliessen.

Typische Stolpersteine – und wie wir sie heute vermeiden

Viele Fehler im 3D-Druck sieht man erst, wenn das Teil in der Hand liegt. Ein paar Klassiker aus unserer Werkstatt:

Problem Typische Ursache Was wir heute tun
Schrauben passen nicht Bohrungen 1:1 nach Normdurchmesser übernommen Je nach Verfahren 0.1–0.3 mm Spiel pro Seite einplanen, Teststück mit Schraubloch drucken
Clips oder Haken brechen Zu scharfe Innenradien, zu geringe Wandstärke Mindestradien definieren, Hebelarme verkürzen, ggf. auf PA12 oder TPU wechseln
Teil verzieht sich Ungünstige Orientierung, grosse flache Flächen beim FDM Orientierung anpassen, Bauteil „aufstellen“, bei kritischen Teilen auf SLS/MJF gehen
Oberfläche wirkt „billig“ Falsches Verfahren für sichtbare Teile Sichtseite definieren, SLA oder feinen MJF/SLS-Druck wählen, gezielte Nachbearbeitung einplanen

Viele dieser Punkte lassen sich in einem kurzen technischen Gespräch klären. Bei 33d.ch haben wir uns angewöhnt, kritische Details lieber einmal mehr zu hinterfragen, bevor wir mit einer grösseren Serie starten – das spart allen Beteiligten Nerven.

Checkliste: So holst du das Maximum aus deinem 3D-Druck-Projekt

Wenn du ein neues Projekt startest, kannst du diese Punkte als kurze Checkliste verwenden:

Das bleibt hängen:

Passt gut dazu (interne Link-Ideen)

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