3D-Druck Anfrage: Material, Farbe, Toleranz

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Lisa Ernst · 23.11.2025 · Technik · 7 min

Die typische 3D-Druck-Mail in unserem Postfach klingt ungefähr so: «Könnt ihr mir dieses Teil schnell drucken? Datei im Anhang.» Keine Info zum Material, keine Toleranzen, kein Hinweis, ob das Teil in einen Prototypen, in eine Maschine oder nur ins Regal soll. Dann starten die Rückfragen – und aus «schnell» wird ein Ping-Pong aus E-Mails, das alle nervt.

In unserer Werkstatt bei 33d.ch sehen wir solche Anfragen ständig. Und genauso oft sehen wir das Gegenteil: sauber vorbereitete Projekte, bei denen wir nach der ersten E-Mail direkt loslegen können und der Kunde genau das bekommt, was er braucht. Der Unterschied liegt fast immer in den Details der Anfrage.

Diese Checkliste zeigt, welche Angaben bei einer professionellen 3D-Druck-Anfrage nicht fehlen sollten – von der Datei über Material, Farbe und Toleranz bis hin zu Terminen und Budget. Sie hilft Ihnen, Rückfragen zu vermeiden, Kosten besser einzuschätzen und die Chance zu erhöhen, dass das Teil auf Anhieb passt.

Grundlagen der Anfrage

Für uns reduziert sich jede 3D-Druck-Anfrage im Alltag auf vier Fragen: Was wird gedruckt? Womit wird es gedruckt? Wofür braucht man es? Und wie genau muss es passen? Wenn Ihre Nachricht diese Punkte abdeckt, können wir in der Regel ohne Umwege kalkulieren und planen.

1. Modell- und Dateiinformationen

Ohne saubere Datei hilft das beste Material nichts. Viele Probleme entstehen, weil das Modell nicht druckfertig ist oder wichtige Angaben zur Datei fehlen. Das ist uns am Anfang auch passiert, als wir eigene Projekte in externe Dienste gegeben haben – seitdem sind wir bei Dateiangaben sehr konsequent.

Bei 33d.ch speichern wir die Version gleich im Dateinamen (z. B. sensor_case_v3.2.stl) und übernehmen diese Bezeichnung auch in unsere Auftragsverwaltung. So sprechen alle im Projekt vom gleichen Stand.

2. Material: PLA, PETG, ABS, Resin & Co.

Die Materialwahl entscheidet darüber, ob Ihr Teil schön aussieht, ob es im Sommer im Auto weich wird oder ob es nach dem ersten Einsatz bricht. Die „klassischen“ FDM-Filamente PLA, PETG, ABS und ASA decken bereits sehr viele Fälle ab.

Material Typische Eigenschaften Geeignete Anwendungen
PLA Einfach zu drucken, geringe Verzugsneigung, eher spröde, wenig hitzestabil Prototypen, Anschauungsmodelle, Deko, Halterungen ohne hohe Belastung
PETG Zäh, gute Layerhaftung, leicht flexibel, feuchtigkeitsbeständiger als PLA Gehäuse, Clips, funktionale Teile in Haushalt und Werkstatt
ABS / ASA Robust, temperaturbeständiger, neigt zu Warping, Bedarf an geschlossenem Bauraum Maschinenbauteile, Aussenanwendungen, Teile im warmen Umfeld

In unserer Werkstatt hat sich bewährt, zuerst nach Einsatz und Umgebung zu fragen und erst dann ein Material vorzuschlagen. Viele Kundinnen und Kunden kommen mit „PLA reicht schon“ – und wir stellen gemeinsam fest, dass PETG langfristig deutlich weniger Ärger macht.

Eine visuelle Hilfe zur Materialauswahl, die gängige 3D-Druckmaterialien und ihre spezifischen Eigenschaften und Anwendungen darstellt.

Quelle: 3ddruckservice24.de

Materialübersicht für den 3D-Druck

3. Farbe und Oberfläche

Farbe ist nicht nur Optik. Sie hilft auch, Prototypen zu unterscheiden, Baugruppen zu kennzeichnen oder bestimmte Funktionen hervorzuheben. Gleichzeitig spielt die Oberfläche eine Rolle beim Handling und beim professionellen Eindruck des Bauteils.

Gerade bei sichtbaren Frontteilen hat sich bei uns bewährt, bereits im Angebot festzuhalten, ob leichte Layer sichtbar sein dürfen oder ob ein „showroom-fähiges“ Finishing gewünscht ist. Das spart Missverständnisse.

Anwendungsdetails

Je besser wir den Einsatz kennen, desto zielgenauer können wir Material, Wandstärken und Toleranzen vorschlagen. Für ein dekoratives Modell gelten andere Regeln als für einen Hebel in einer Maschine.

4. Einsatzort, Belastung und Umgebung

Viele Anfragen werden deutlich einfacher, wenn wir ein, zwei Sätze zum Einsatzzweck haben. Ein Gehäuse für einen Sensor im Wohnzimmer ist etwas anderes als eine Halterung in einer Produktionsanlage.

Ein Beispiel aus unserem Alltag: Ein Kunde aus dem Maschinenbau wollte zunächst alles in PLA drucken lassen. Nach einem Hinweis auf Ölnebel und erhöhte Temperaturen sind wir gemeinsam auf ein robusteres Material gewechselt – das hat viele Reklamationen im Feld verhindert.

5. Stückzahl, Serienplanung und Ersatzteile

Die geplante Stückzahl beeinflusst sowohl den Preis als auch die Wahl des Verfahrens. Für ein Einzelstück lohnt sich eine andere Strategie als für 200 wiederkehrende Teile.

Technische Spezifikationen

Hier entscheidet sich, ob Ihr Teil nur „ungefähr“ passt oder ob es sich sauber fügen lässt. Gerade bei Passungen, Bohrungen und Dichtflächen lohnt sich eine klare Sprache.

6. Toleranzen, Passungen und Genauigkeit

Toleranzen sind im 3D-Druck nicht so streng normiert wie im klassischen Fräsen oder Drehen, aber es gibt bewährte Richtwerte. Wichtig ist, dass nur wirklich funktionskritische Masse eng toleriert werden – sonst wird es unnötig teuer.

Wenn Sie lieber Videos schauen: Empfohlenes Video (englisch) zu Toleranzen und technischen Passungen im 3D-Druck: YouTube-Video ansehen.

Quelle: YouTube

Übersicht der Grenzabmaße nach DIN ISO 2768-1, essenziell für die Definition von Toleranzen in 3D-Druck-Anfragen.

Quelle: heinz-engineering.com

Grenzabmaße nach DIN ISO 2768-1

7. Druckparameter, Qualität und Infill

Wenn Sie bestimmte Druckparameter vor Augen haben, gehören sie in die Anfrage. Sonst verwenden wir sinnvolle Standardwerte – die können je nach Anforderung aber zu weich, zu grob oder zu schwer sein.

Bei 33d.ch besprechen wir bei funktionalen Teilen oft explizit die Balance aus Stabilität, Gewicht und Druckzeit. Wer zum ersten Mal bestellt, unterschätzt häufig, wie viel Einfluss diese Parameter auf Preis und Ergebnis haben.

Empfohlenes Video (englisch) zu Slicer-Einstellungen, Layerhöhe und Infill-Mustern: YouTube-Video ansehen.

Quelle: YouTube

Organisatorisches

Neben allen technischen Details spielen auch Termine, Budget und Freigaben eine Rolle. Wenn diese Punkte von Anfang an klar sind, können wir realistisch planen – und Sie müssen nicht darauf hoffen, dass es „irgendwie schon klappt“.

8. Termine, Budget und Dateifreigabe

Hier entscheidet sich, ob ein Auftrag entspannt durchläuft oder ob wir gemeinsam in den Express-Modus wechseln müssen.

Eine Auswahl an Filamentrollen in verschiedenen Farben, die die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten im 3D-Druck unterstreicht.

Quelle: proprintforge.com

Vielfalt der Filamentfarben

Beispiel: Gute 3D-Druck-Anfrage

So oder ähnlich sieht eine Anfrage aus, mit der wir in der Werkstatt sehr effizient arbeiten können – ohne fünf Nachfragen und ohne Ratespiel beim Material:

snippet_1.html
Betreff: 3D-Druck-Anfrage – Sensorgehäuse, FDM, PETG schwarz

Datei: „sensor_case_v3.2.stl“, Einheit mm, finale Version

Material: PETG, gerne vergleichbar mit Standard-PETG für funktionale Teile

Verfahren: FDM/FFF

Farbe/Oberfläche: Schwarz, eher matt; leichte Schichtlinien ok

Einsatz: Gehäuse für Temperatursensor im Innenraum, max. 40 °C, keine Chemikalien

Stückzahl: 20 Stk. jetzt, spätere Nachbestellung möglich

Toleranzen:
Außengeometrie ±0,3 mm ausreichend
Bohrung Ø10 mm für Metallhülse: möglichst spielfrei, leichtes Einschieben mit Handkraft
Rastnasen am Deckel: lieber etwas straffer, ich passe das CAD bei Bedarf an

Druckparameter (Wunsch): Layerhöhe 0,2 mm, mind. 3 Perimeter, 30 % Infill, gyroid oder cubic

Nachbearbeitung: keine, nur Entfernung von Support

Termin: Versand innerhalb von 7 Tagen, Standardversand ok

Mit dieser Art von Anfrage können wir sehr zügig ein Angebot machen und wissen genau, welche Punkte kritisch sind. Das deckt sich mit Empfehlungen vieler Design-Guides und Dienstleister.

Beispiel: Unvollständige 3D-Druck-Anfrage

Kontrastprogramm: Eine Anfrage, die zwar freundlich ist, aber mehr Fragen aufwirft als beantwortet. Solche Mails bekommen wir regelmässig:

snippet_2.html
„Hey,
kannst du mir das Teil im Anhang schnell drucken?

Ist ein Gehäuse für einen Sensor.

Farbe egal, Hauptsache günstig.

Brauche ich morgen.
LG“

Hier fehlt fast alles, was wir für eine seriöse Einschätzung brauchen: kein Material, keine Stückzahl, keine Info zum Einsatz, keine Toleranzen, keine realistische Terminabschätzung. Die Folge: Rückfragen, Unsicherheit und im schlimmsten Fall ein Teil, das zwar gedruckt, aber nicht wirklich brauchbar ist.

Downloadbare Checkliste (PDF)

Aus genau diesen Gründen arbeiten wir intern mit einer einfachen Checkliste, die Sie auch für Ihre Anfragen übernehmen können. Egal ob Sie bei 33d.ch oder einem anderen Dienstleister anfragen – mit diesen Punkten sind Sie auf der sicheren Seite:

Mit so einer Checkliste werden wiederkehrende 3D-Druckprojekte deutlich entspannter – für Sie und für das Druckteam.

Kurz zusammengefasst

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